Freitag, 12. März 2010

Dicke Menschen...

... oder "Such Doktor, Such!!!"

... oder wie ich NICHT alt werden möchte!

Diese Woche war ich mit z.T. netten, jedoch auch mit etwas unschöneren Problemen konfrontiert. Ein Beispiel für unnette Tatsachen war eine ältere Patientin, die leider etwas adipös war, und das wohl seit Jahrzehnten. Über Sozialdienst und Angehörige haben wir erfahren, dass die Patientin seit ungefähr 3 Jahren nicht mehr aus dem Haus gegangen sei, nicht mal an der Beerdigung ihres Mannes habe sie teilnehmen können, da ihre gesundheitlichen Zuständen ihr es nicht erlaubten. Also war die arme ältere Dame tagein tagaus mit ihrem Ehemann in ihrer gemeinsamen Wohnung, bewegte sich morgens von Bett zu Küchentisch, sass dort bis der morgendliche Toilettengang nötig war, bemühte sich  nach dem Abseilen ihres Braunen wieder zurück in die Küche und sass dort, bis Mittagessen kam, serviert vom Mahlzeitendienst. Die Türöffnung konnte per Fernbedienung betätigt werden. 
Lecker gegessen und Magen voll, sass die Gute den ganzen Nachmittag am Küchentisch, fummelte an der Fernbedienung des Fernsehers herum, lernte jede Talk-Serie kennen (und kennt sie jetzt wohl auch das ganze Fernsehprogramm auswendig), bis sie erneut ihre altersschwache Blase bemerkte und sich mit ihrem Rollator auf die für sie halbe Weltreise machte - die 5 Meter von Küche zum Klo.
Irgendwann abends klingelte es dann wieder, die Fernbedienung wurde betätigt und die Freiwillige Mitarbeiterin des Mahlzeitendienstes brachte das Abendessen, das sofort verschlungen wurde (natürlich ohne anzumerken, das Fleisch sei trocken, die Kartoffeln seien nicht perfekt bezüglich Konsistenz und das Gemüse sei wohl nicht von Eigenanbau). 
Als sich der Ehemann vor kurzem in den Himmel verabschiedete und dort die Wohnung bezog, die ihm  und seiner Familie zustand, sah meine Patientin keine Zukunft mehr und wurde uns geschwächt, kaputt, leidend, weinerlich und ohne positive Visionen zugewiesen. Am ersten Tag unterhielt ich mich während wohl 2 Stunden mit der Patientin und versuchte sie so gut wie möglich zu untersuchen - kein Kinderspiel, wie sich nach Entfernung der Bettdecke herausstellte. Eine Grösse von ungefähr 1.56m und ein Gewicht von wohl 90kg!!! Als ich hörte, dass gluteal (am Gesäss) einige Läsionen vorhanden waren, bat ich die Pflegende, mir bei der Untersuchung dieser Stellen zu helfen. Als die Patientin endlich etwas zur Seite gedreht war, sah ich ein Bild vergleichbar mit dem folgenden (betrachte rein die Fältelung der Vorhänge):


Ein adipöses Gesäss geschmückt mit Fältelungen, voller Geheimnisse... Meine Neugier und mein medizinisches Interesse trieb mich voran - Falte um Falte wurde hochgeschoben, um eine anatomische Orientierung zu erhalten (namentlich den Anus), damit man dann vielleicht auch die Läsionen fand. Ich fühlte mich in den Kindergarten zurückversetzt, als ich mein Osternest suchen durte. Nach etlichen Fehlversuchen fand ich dann endlich den vorbeschriebenen Ort und konnte mir ein Bild machen von der Krankheit, unter der die Patientin litt. Obwohl es offensichtlich war, was im Vorhang der Patientin wuchs, durfte ich die Therapie erst beginnen, als die Mikrobiologie uns den Candida albicans bestätigte.

Man zieht einige Konsequenzen und stellt sich manche Fragen bei solchen Situationen:
1) Ich will nie, aber bitte NIE so dick werden! Ich glaube ich würde vorher den Löffel abgeben!
2) Niemals werde ich so verwahrlost wohnen! Wahrscheinlich werde ich mir schon mit 40 eine Alterswohnung suchen!
3) Niemals will ich so aussehen - aber ist das zu verhindern?!
4) Wenn man schon nach dem Ende einer Beziehung derart leidet - wie soll man dann den Tod des wichtigsten Menschen verkraften können?
5) Wie kann ich meiner Patientin helfen?......

Meine einzige Vision oder Hoffnung diesbezüglich ist, meiner Patientin jeden Morgen zuzuhören (egal, wenn man eine Stunden im Zimmer bleibt und deswegen abends länger im Büro sitzen muss, egal, wenn es jedes Mal dasselbe ist, das man sich anhören muss...), ihr Mut zu machen und hoffen, dass man nie, aber wirklich NIE so endet!

Bezüglich Tod gibt es keinen Trost - für den Tod eines geliebten Menschen gibt es keinen Trost, kein Rezept bezüglich Emotionen und Gefühlen. Ich weiss einzig, dass man leiden und fühlen darf, ohne sich zu schämen. Irgendwann wird jeder diese Schmerzen ertragen können und müssen.

Weinen hilft! Tränen sind Augenwasser! Sie helfen, dir deine getrübten Augen zu reinigen, auch wenn es Zeit braucht!

2 Kommentare:

  1. Mama sagt, dicke Menschen können nicht lustig sein. Ich sage schon!
    :-))

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  2. Mama sagt, dicke Menschen können sich den Allerwertesten putzen. Ich sage nicht!
    =)

    schade gibts nicht mehr von diesen, oder weiss ich nicht mehr!

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